In Wahrheit wird viel mehr gelogen
oder verity von colleen hoover
Kapitel 10
Ehrlich gesagt, hatte ich mir nicht viel mehr als reine Unterhaltung von diesem Buch erhofft. Das Cover ist überaus hübsch und instagramtauglich und die Autorin ist bekannt für ihre mehr oder weniger kitschig-dramatischen New-Adult-Bücher (wir haben doch alle Will und Layken gelesen). Dennoch klang der Klappentext vielversprechend und vor allem ziemlich spannend und ich hab eine Schwäche für zuckerwattefarbige Einbände. Dank einer Quarantäne-Buchlieferung konnte ich das Buch dann auch lesen. Nur so viel vorweg- es hat mich ordentlich mitgenommen.
Der Inhalt dreht sich um Lowen Ashleigh, eine sehr introvertierte und zutiefst traumatisierte Autorin, die mittelmäßige Bücher schreibt. Durch ihren Agenten und Ex-Freund bekommt sie die einmalige Chance als Ghostwriterin unter dem Pseudonym Laura Chase für die Bestseller-Autorin Verity Crawford zu schreiben, die aufgrund eines Unfalls nicht dazu in der Lage ist, ihre beliebte Buchreihe fortzuführen. Für ihre Arbeit und Recherche zieht Lowen in das Haus von Verity, die dort gepflegt wird, und wo auch noch ihr Ehemann und jüngstes Kind, Sohn Crew, leben. Die Familie ist von mehreren schlimmen Schicksalsschlägen gebeutelt worden. So sind die beiden älteren Töchter beide bei unabhängigen Unfällen ums Leben gekommen. Vor Ort findet Lowen eine von Verity verfasste Biographie, die scheinbar verstörende Umstände und Tatsachen zu Tage bringt und die Protagonistin immer mehr einnehmen. Sie wird zunehmend paranoid und geht eine heimliche Beziehung mit Jeremy, Veritys Ehemann, ein.
Colleen Hoovers Schreibstil ist wahnsinnig eindringlich. Wie auch in ihren vorherigen Büchern beherrscht sie die Kunst, Emotionen bis ins tiefste Innere zu beschreiben und erlebbar zu machen. Ihre Worte sind einfach, aber bohrend. Als Leser*in nimmt man die Sichtweise eines Goldgräbers ein, was hier wörtlich und nicht metaphorisch gemeint ist. Die gesamte Erzählung wirkt entblätternd, gekonnt wird das Alltägliche mit dem Psychotischen verwischt. Während des Lesens wird man vollkommen von der Geschichte aufgesaugt, sie nimmt mit, umklammert einen und lässt einen auch nur schwerlich wieder los. Das Ende ist unerwartet, doch tatsächlich macht das meiner Meinung nach ab einem gewissen Punkt des Buches keinen Unterschied mehr. Es wird nahezu mühsam zu lesen, allerdings nicht aufgrund von Langatmigkeit, sondern viel mehr, weil man emotional ausgelaugt ist. Auf der Reise durch das Buch muss man viele unvorstellbar grausame und aufwühlende Passagen lesen, die auf einen einwirken, ob man will oder nicht.
Nachdem ich mich von diesem Buch erholt hab, welches mich wirklich durchgebeutelt und aufgerieben hat, war ich begeistert. Es ist toll geschrieben, auch wenn einem zum Ende hin, die Wörter beinahe wieder hochkommen. Der gesamte Plot ist ausgefeilt und innovativ. Man liest sowohl Lowens Erleben, als auch Veritys Biographie, sodass man beides zugleich nachempfinden kann. Da ich mich im Rahmen meines Studiums momentan mit Affekt und Emotion beschäftige, so muss ich sagen, das mich die affektive Wirkung dieses Romans nahezu selig gemacht hat. Auch wenn ich wirklich daran zu knabbern hatte, so kann ich dieses Buch nur empfehlen. Es ist wahrlich eine Erfahrung.
over and out.
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