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oder warum joker großartig war

kapitel 3

ich habe lange auf mich warten lassen, auch weil ich lange darüber nachdenken musste und joker von todd phillips immer noch schwer im magen liegt.



was haben wir?
den erzfeind von batman aka bruce wayne (oder war das andersrum?) auf seinem weg in den wahnsinn. gespielt von joaquin phoenix mit, nun ja, niemandem.

was erwarten wir?
gute frage; ein bisschen von allem und ein bisschen weniger. die vorab meinungen bekundeten ihre sorge, dass wir eine ode an das verständnis für einen totalen psychopathen erreichen.

was bekommen wir?
durchweg wahnsinnig ästhetische bilder. all die farben sind so wunderbar abgestimmt auf einen desaströsen arthur fleck. gefangen in seinem zwangslachen und selbstmitleid scheitert er an allem und alle scheitern an ihm. seine vergeblichen versuche seinem selbst zu entkommen enden in blut und gewalt. zunächst aus selbstwehr, dann aus irrationalem hass werden menschen getötet, wodurch eine sozialistische revolution ausgelöst wird. ja, da muss man einhaken, gotham wird nicht in anarchie gestürzt? nein, die probleme hatte gotham zuvor schon. reiche leute haben zu viel, arme leute haben wenig bis gar nichts. zurück gelassen im elend hausen arthur und seine mutter in einer kleinen wohnung, deren einziger lichtblick die hübsche nachbarin ist, die wiederum scheinbar arthurs freundin wird. man bekommt keinen sozialen abstieg, weil wer ganz unten ist, kann nur noch nach oben. wir bekommen keine rechtfertigung für das zukünftige brutale verhalten des jokers. wir bekommen den langsamen verfall eines menschen, der mit den geistern der vergangenheit zu kämpfen hat, aber um so mehr noch mit den geistern der gegenwart. der ganze film lebt von wunderbaren affektbildern, die tief innerlich berühren oder eher sogar schmerzen. schockierend ist die soziale inkompetenz der mitmenschen arthurs, die nicht in der lage sind, sein anderssein zu akzeptieren, sondern ihm mit wut und feindlichkeit begegnen. die dc-comic-vorlage weggenommen bekommen wir ein sozialdrama.

besonderes augenmerk?
die persönliche entwicklung wird in der darstellung von gotham widergespiegelt. zunächst gibt es nichts außer arthur. doch je weiter er seinen wahnsinn nach außen trägt und selbstsicherer in seiner figur wird, desto mehr gewinnen wir informationen über die missstände in gotham. menschen, getriggert durch arthurs handlungen, kritisieren den ausufernden lebensstil der reichen, gehen auf die straße, zetteln eine revolution an, deren kultfigur der maskierte arthur ist. der joker, in seinem wahn, wird nicht nur im film, sondern auch im realen leben anerkannt. obwohl guy fawkes sich jahrhundertelang im kampf gegen die obrigkeit etabliert hat, so wird er nun abgelöst. maskierung ist ein schlag gegen das establishment.

was kann man kritisieren?
den fatalen altersunterschied. vom film angboten wird ein joker, der sich in seinen mittdreißigern bewegt. doch, ohne gemein sein zu wollen, phoenix sieht eher aus wie ende vierzig. wir begegnen dem kleinen bruce, der maximal zwölf jahre alt sein dürfte. schlägt man die zwanzig jahre drauf, nach denen batman und joker widersacher werden, so haben wir einen mittfünfziger. und rein faktisch betrachtet, eher einen auf die siebzig zugehenden joker.

und sonst noch?
der tanzstil ist umwerfend. wir sollten alle mehr tanzen, als wäre es egal.


kleine persönliche warnung am rande: man geht nicht mit einem hochgefühl raus, der film liegt auch anderthalb monate später schwer im magen.

over and out.


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