(gedanken) experiment

oder der elefant von martin suter

kapitel 9



das erste buch von martin suter, das ich vor langer zeit gelesen habe, war der koch. wenn mir auch nicht mehr viel inhaltliches im kopf geblieben ist, so erinnere ich mich dennoch gut an seine detaillierten beschreibungen. wirklich gewieft führt er die gerüche und aromen, der zubereiteten speisen aus, stark kontrastierend zu dem teilweisen elend seines protagonisten. auf jeden fall wollte ich dann der elefant auch lese. meine erwartungen waren hoch. 2017, als das buch publiziert wurde, schrieb thomas steinfeld von der sz einen hübsche rezension mit dem titel durch dick und dünn. er fasst viele punkte auf, die mir selbst auch ins auge gestochen sind. dennoch unterscheidet sich sein leseerlebnis von meinem, weshalb ich dies hier ausführe.

der inhalt ist leicht zusammenzufassen, der moralische wert eher weniger. es geht um ein genetisches experiment, dessen ergebnis ein dreißig zentimeter großer elefant ist mit rosafarbener haut, der im dunkeln leuchtet (erinnert uns das nicht an eine folge sherlock?). schöpfer des ganzen ist ein geldgieriger und anerkennungs süchtiger forscher, der dieses erzeugnis an den höchstbietenden verkaufen will. doch nur mit der hilfe eines elefantenhüters aus dem zirkus und dem ortansässigen tierarzt schafft der kleine elefant es zu entkommen. woraufhin er in der wohnhöhle des obdachlosen schochs unterkommt. dieser ist alkoholiker, menschenscheu und hält den kleinen elefanten zu nächst für eine nebenwirkung des alkohols. doch mit der zeit wächst das kleine geschöpf ihm ans herz und gemeinsam mit der veterinärin valerie kümmern sie sich nicht nur um das wohlergehen des elefantens, sondern auch um seine sicherheit vor den fängen seines schöpfers.

martin suters schreibstil ist bemerkenswert. er schreibt sehr klug, bringt viel fachwissen ein, das ordentlich recherchiert ist, wie man seinen danksagungen entnehmen kann. seine sprache ist schnörkellos, aber fein. mit einer gekonnten einfachheit beschreibt er das innenleben seiner figuren und die schwierige thematik, die dieser roman inne hat. er geht nicht nur auf gesellschaftliche milieus und die damit zusammenhängenden problematiken ein, sondern betont auch die moralische verwerflichkeit der genmanipulation ohne mit dem lehrerhaften zeigefinger zu winken. er beschreibt schicksale, zwischenmenschliche beziehungen, den dazugehörigen wunsch nach vertrauen und die bedingungslosigkeit davon. aber er geht auch auf die dunklen seiten des menschsein ein, wie die gier nach geld, erfolg und anerkennung, sowie die stumpfsinnigkeit des sinnlosen lebens.

im gegensatz zur schwermütigkeit der erzählung ist das ende versöhnlich und unerwartet. während man sich im laufe der geschichte ständig fragt, wohin das ganze führen soll, so ist das ziel tröstlich. beinahe wie ein happy end. dennoch bewegt es sich aufgrund des hohen levels an emotionalität weit weg von der restlichen geschichte. die handlung ist distanziert und schlicht, wohingegen das ende voller liebe steckt.

meine persönliche meinung umfasst großes lob für den schreibstil. wie auch bei der koch beweist martin suter ein großartiges feingefühl für wortwahl und ausdrucksweise. die behandelte thematik regt zum nachdenken an und die umsetzung lässt einen tief eintauchen. ständig nagt die ungewissheit des geschichtenausgangs an einem. mein einziger kritikpunkt ist die langatmigkeit der fachlich ausgeschmückten stellen. zwar ist das wissen über genmanipulation und die vorgänge der forschung immens und beeindruckend, doch für den laien sind diese stellen schwierig und anstrengend zu lesen, zumal sie auch nicht perfekt in den gesamtlesefluss passen. nichtsdestotrotz ist das buch lesenswert und somit eine persönliche empfehlung.


over and out.

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