tut, was ihr könnt
oder jojo rabbit ist oscar nominiert
kapitel 6
ich hatte ja wirklich so meine bedenken. die reine inhaltsangabe hat mich erst einmal nicht davon überzeugt, ins kino zu gehen. ein kleiner junge, teil der hitlerjugend und absolut brain-washed, mit einem imaginären freund. der imaginäre freund ist adolf hitler. dies einerseits; und andererseits versteckt seine mutter ein jüdisches mädchen bei ihnen im haus. klingt abgedroschen. der trailer war schon vielversprechender. dennoch ist die kombination aus den amis und hitler bisher immer so suboptimal verlaufen. aber ich lass mich auch gerne täuschen.
was bekommen wir? einen haufen absurder figuren, die ein wenig zusammengewürfelt wirken, aber absolut fabelhaft sind. jojo ist hinreißend niedlich, doch der grad an gehirnwäsche, die er erlitten hat, sehr beängstigend. seine mutter rosie, scarlett johansson hat eine oscar nominierung erhalten, ist wenig mütterlich, aber voller liebe für ihren sohn. doch im widerstand zu sein endet selten gut. elsa ist das jüdische mädchen, die hinter der wandverkleidung versteckt ist. toll gespielt von thomasin mckenzie. sie ist furchtlos, weil sie ihre furcht versteckt. sie ist offensiv, um nicht aufzufliegen. hauptmann klenzendorf oder auch hauptmann k ist eine klasse für sich. offensichtlich alkoholiker und homosexuell. stirbt den heldentod, den man sich für ihn wünscht.
wie sieht das ganze aus? das setting ist wunderbar. ähnlich wie bei joker und auch frozen ist der gesamte film was für das auge. die farben sind schön gewählt und aufeinander abgestimmt. zum teil wunderbar konträr. die farben spiegeln die figuren wieder und nicht nur oberflächlich, sondern auch ihr innerstes.
was halte ich davon? ich liebe die art und weise, wie all die figuren zusammenfinden und sich etablieren. obwohl alle ihre rolle spielen und aufeinander einwirken, so weiß man kaum details über jeden einzelnen und sie wirken sehr zufällig. die positionierung von details wirkt erwürfelt und man fragt sich, wohin das führen soll. die auflösungen kommen aus dem nichts und sind dennoch gekonnt eingefügt.
aber? an manchen stellen sollte man nicht lachen. man lacht, weil es einen nicht betrifft. doch man sollte in diesem sensiblen zusammenhang wirklich reflektieren, wie man sich verhält. nochmal tief drüber nachdenken, wer hier die wirklichen opfer waren und sind.
die kritiken drehen sich in erster linie um den diskurs, ob man über hitler lachen soll. vor allem in bezug auf das durch ihn verursachte leiden. und wie man das richtig machen würde. dem film wird vorgeworfen zu niedlich zu sein, zu versöhnlich, zu naiv und feige. das hitler-kostüm kratzt immer an einem tabu. regisseur taika waititi jedoch meint auf twitter, dass es keine bessere beleidigung gäbe, als hitler von einem polynesischen juden porträtieren zu lassen. ( von marietta steinhart: "jojo rabbit: heil me, man!", die zeit online, 21.01.2020.) meiner meinung nach ist das zwar ein wichtiger ansatz, doch leider nicht wirklich etwas neues. wie eben gesagt, geht es, wie ich finde, weniger darum, ob lachen über hitler und seine nazis erlaubt oder verboten ist, sondern viel mehr darum, worüber man genau lacht. waititi gibt einem das gefühl mit der bratpfanne drauf zu schlagen, doch sein umsetzung ist klug. er scheut nicht vor den hässlichen seiten, seine figuren zeugen von individualität und charme. es ist wichtig, immer wieder an den diskurs zu erinnern, doch es ist ebenso wichtig neue erkenntnisse aufzunehmen und zu reflektieren.
und nun? ich empfehle diesen film auf jeden fall. er ist klug umgesetzt und wirklich lustig. klar werden klischees aufgegriffen, doch viele verpuffen im wind. meine erwartungen wurden auf jeden fall übertroffen und der film reicht sich auf jeden fall in die liste meiner besten filme aller zeiten ein.
over and out.
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